Wir blockieren Kiwifarms. Besucher der Kiwifarms-Seiten, die einen der Dienste von Cloudflare nutzen, werden eine Cloudflare-Blockierungsseite und einen Link zu diesem Beitrag angezeigt bekommen. Es kann sein, dass Kiwifarms seine Seiten zu anderen Anbietern transferiert und dadurch wieder online geht. Wir haben jedenfalls Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass ihre Inhalte über unsere Infrastruktur zugänglich sind.
Wir mussten in diesem Fall eine außergewöhnliche Entscheidung treffen. Für Cloudflare in der Rolle eines Internet-Infrastrukturanbieters ist dies eine gefährliche Entscheidung, die uns nicht leichtgefallen ist. Die Rhetorik auf der Kiwifarms-Website und die konkreten, gezielten Drohungen sind jedoch in den letzten 48 Stunden so eskaliert, dass wir glauben, dass ein beispielloser Notfall und eine unmittelbare Bedrohung für das menschliche Leben vorliegt, wie wir sie bisher weder von Kiwifarms noch von einem anderen Kunden erlebt haben.
Eskalierende Drohungen
Auf Kiwifarms wurden schon oft abscheuliche Inhalte veröffentlicht. Abscheuliche Inhalte allein begründen noch keine Notsituation, die unser heutiges Handeln erforderlich macht. Vor etwa zwei Wochen begann eine Druckkampagne mit dem Ziel, Kiwifarms aus dem Netz zu nehmen. Diese Druckkampagne richtete sich gegen Cloudflare und andere Anbieter, die von der Website genutzt werden.
Cloudflare stellt Kiwifarms Sicherheitsdienste zur Verfügung und schützt sie vor DDoS- und anderen Cyberangriffen. Wir waren nie ihr Hosting-Anbieter. Wie wir am vergangenen Mittwoch, dargelegt haben, glauben wir nicht, dass die Beendigung von Sicherheitsdiensten angemessen ist, auch nicht bei abscheulichen Inhalten. In einer rechtsstaatlichen Welt besteht die Antwort auf illegale Inhalte nicht darin, sie mit anderen illegalen Mitteln wie DDoS-Angriffen zum Schweigen zu bringen.
Wir ergreifen diese Maßnahme auch nicht direkt wegen der Druckkampagne. Wir haben zwar Verständnis für die Organisatoren der Kampagne, aber als Sicherheitsdienstleister sind wir verpflichtet, unsere Kunden zu schützen, auch wenn sie mit der öffentlichen Meinung oder sogar mit unseren eigenen Moralvorstellungen in Konflikt geraten. Die Richtlinie, die wir letzten Mittwoch formuliert haben, bleibt unsere Richtlinie. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass der beste Weg, Cyberangriffe zu einem Ding der Vergangenheit zu machen, darin besteht, jedem die Mittel an die Hand zu geben, sie zu verhindern.
Mit der Eskalation der Druckkampagne eskalierte jedoch auch die Rhetorik auf der Kiwifarms-Website. Die Nutzer der Website fühlten sich angegriffen und wurden noch aggressiver. In den letzten zwei Wochen haben wir uns proaktiv an die Strafverfolgungsbehörden mehrerer Länder gewandt, um auf potenzielle kriminelle Handlungen und unmittelbare Bedrohungen für Menschenleben hinzuweisen, die auf der Website gepostet wurden.
Juristischer Prozess
Die Strafverfolgungsbehörden in diesen Gebieten arbeiten zwar an der Untersuchung der von uns und anderen gemeldeten Vorfälle. Allerdings eskaliert die Gefahr jedoch schneller, als von den Behörden ermittelt werden kann. Wir glauben zwar, dass es in jeder anderen Situation, mit der wir konfrontiert waren – einschließlich des Daily Stormer und 8chan – für uns als Infrastrukturanbieter angemessen gewesen wäre, den Rechtsweg abzuwarten. In diesem Fall jedoch veranlasst uns die unmittelbare und die weiter eskalierende akute Bedrohung von Menschenleben, diese Maßnahme zu ergreifen.
Extreme Fälle taugen nicht als Präzedenzfalle. Dies ist ein schwieriger Fall, und wir möchten jedem davor warnen, ihn als Präzedenzfall zu betrachten. Die Grundsätze, die wir am vergangenen Mittwoch formuliert haben, bleiben unsere Grundsätze. Für einen Infrastrukturanbieter wie Cloudflare ist der Rechtsweg nach wie vor der richtige Weg, um mit abscheulichen und potenziell illegalen Online-Inhalten umzugehen.
Aber wir brauchen einen Mechanismus, der es Infrastrukturanbietern ermöglicht, in Notfällen, in denen Menschenleben bedroht sind, zügig mit den Justizbehörden zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die von uns getroffenen Entscheidungen auf einem ordnungsgemäßen Verfahren beruhen. Leider gibt es diesen Mechanismus nicht, und so treffen wir diese unangenehme Notfallentscheidung allein.
Nicht das Ende
Wir sind uns bewusst und besorgt, dass unser Handeln die Flammen dieses Notstands nur anfachen könnte. Kiwifarms selbst wird höchstwahrscheinlich eine andere Infrastrukturoption finden, die es ihnen ermöglicht, wieder online zu gehen, so wie es der Daily Stormer und 8chan selbst getan haben, nachdem wir sie aus dem Netz genommen hatten. Und selbst wenn dies nicht der Fall ist, werden sich die Personen, die die Website zur Terrorisierung genutzt haben, noch mehr angegriffen und isolierter fühlen und möglicherweise noch aggressiver werden. Es besteht die reale Gefahr, dass wir mit unserer heutigen Aktion diese Notsituation weiter verschärft haben.
Wir werden weiterhin proaktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, um sie bei ihren Ermittlungen gegen die Website und die Personen, die möglicherweise illegale Inhalte auf der Website veröffentlicht haben, zu unterstützen. Und wir sind uns bewusst, dass unsere Sperrung von Kiwifarms nur eine vorrübergehende Verbesserung der Situation darstellt, aber keineswegs das eigentliche Problem löst. Diese Lösung wird viel mehr Anstrengungen in der gesamten Gesellschaft erfordern. Wir hoffen, dass unsere heutige Aktion dazu beitragen wird, Gespräche zur Lösung des Problems anzuregen. Und wir sind bereit, uns an diesem Gespräch zu beteiligen.