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Cloudflare gewinnt Rechtsstreit mit Patent-Troll Sable

12.02.2024

Lesezeit: 8 Min.

Seit fast sieben Jahren kämpft Cloudflare gegen Patent-Trolle. Dank des Einsatzes unserer Hausjuristen, externer Anwälte und der außergewöhnlichen Anstrengungen derjenigen, die im Rahmen unseres Projekts „Jengo“ Internetrecherchen zum Stand der Technik betreiben (und dafür belohnt werden), konnten wir dabei schon einige Erfolge erzielen.

Wir weigern uns, Trolle für ihre unbegründeten Behauptungen zu bezahlen. Doch wir vergeben gern Belohnungen an Teilnehmer von Projekt „Jengo“, die durch Nachweise zum Stand der Technik dazu beitragen, die Gültigkeit von Patenten oder Ansprüchen der Trolle zu entkräften. So haben uns Teilnehmer an Projekt „Jengo“ geholfen, den Patent-Troll Blackbird (der daraufhin seine Geschäftstätigkeit eingestellt hat), komplett aus dem Feld zu schlagen.

Dank unserer harten Arbeit sowie der unseres externen Rechtsbeistands und der von Teilnehmern an Projekt „Jengo“ können wir heute einen weiteren Erfolg feiern.

Sable

Vergangenen Donnerstag, an einem klaren, sonnigen Morgen in Waco (US-Bundesstaat Texas), haben die Geschworenen in diesem Prozess nach weniger als zwei Stunden Beratungszeit ihr Urteil gefällt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Cloudflare nicht – wie von Sable IP und Sable Networks geltend gemacht – eines der Patente dieser Firmen verletzt hat.

Das allein hätte schon ausgereicht, um den Fall zu entscheiden. Doch die Geschworenen gingen noch einen Schritt weiter. Sie urteilten, dass der bisherige, weit gefasste Patentanspruch von Sable ungültig ist und niemals hätte erteilt werden dürfen. Das bedeutet, dass dieser niemandem gegenüber mehr geltend gemacht werden darf. Seitdem Sable die erste Klage gegen uns eingereicht hat, ist es uns gelungen, wichtige Teile von drei Sable-Patenten für ungültig erklären zu lassen. Damit haben wir diese Trolle in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, vergleichbare Klagen gegen andere Unternehmen anzustrengen.

Es sollte erwähnt werden, dass nur sehr wenige Klagen jemals ein Schwurgericht überhaupt erreichen. Die meisten Nicht-Juristen sind schockiert, wenn sie erfahren, dass nur etwa 1 Prozent aller Zivilverfahren überhaupt zur Verhandlung kommt, weil man sich in Film und Fernsehen in der Regel auf Gerichtsverhandlungen konzentriert. Fachleute hingegen wissen, dass so gut wie alle Fälle viel früher auf andere, weitaus weniger medienwirksame Weise zum Abschluss gebracht werden: durch schriftliche Anträge, Verschleppungen oder Vergleiche. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es selbst in einfachen Fällen äußerst kostspielig ist, einen Fall vor Gericht zu bringen. In Patentsachen fallen Kosten in Millionenhöhe an.

Wie bereits in unserem ersten Blogbeitrag zu Projekt „Jengo“ beschrieben, setzen Patent-Trolle genau auf diese Kosten, um hohe Vergleichszahlungen von innovativen Technologieunternehmen zu erwirken. Für Technologieanbieter ist dieser Weg oft leichter, als weitere Millionen an Prozesskosten zu zahlen, die sich wahrscheinlich nicht wieder hereinholen lassen, selbst wenn sie das Verfahren letzten Endes gewinnen. Auch Patent-Trolle wollen in der Regel nicht die Kosten für einen Prozess tragen. Sie spekulieren aber darauf, dass die Gegenseite zuerst die Nerven verliert und zahlt – vor allem, weil das Unternehmen, dem die Patentverletzung vorgeworfen wird, das Risiko trägt, verurteilt zu werden und Schadenersatz leisten zu müssen.

Es kommt jedoch ab und zu vor, dass sich ein Prozessgegner nicht beirren lässt. Der nach einem dreijährigen Rechtsstreit hart erkämpfte Sieg von Cloudflare ist eine eindringliche Warnung an alle Patent-Trolle: Wir werden uns nicht einschüchtern lassen und sind nicht bereit, Ihr Spiel zu mitzuspielen.

Hintergrund

Schauen wir uns noch einmal an, wie es dazu gekommen ist. Begonnen hat dieser Fall im März 2021 mit der Einreichung einer Klage gegen Cloudflare durch Sable Networks und Sable IP bei einem Bundesgericht. Sable machte rund 100 Ansprüche aus vier Patenten gegen mehrere Cloudflare-Produkte und -Funktionen geltend. Die betreffenden Patente waren um die Jahrhundertwende angemeldet worden und betrafen damalige hardwarebasierte Router-Technologie. Genauer gesagt ging es um eine bestimmte Art von Hardware, deren Schwerpunkt auf Flows“ liegt, die aus mehreren miteinander verknüpften Paketen bestehen. Moderne softwaredefinierte Dienste, die über die Cloud bereitgestellt werden, nutzen diesen Ansatz nicht. Das gilt insbesondere für Dienste wie die von Cloudflare, die den Datenverkehr Paket für Paket abwickeln. Trotzdem argumentierte Sable, dass die eigenen weit gefassten Patente im Wesentlichen alle Router-Vorgänge abdecken, einschließlich der Spitzentechnologie von Cloudflare. Die geltend gemachten Patentansprüche gingen damit weit über das hinaus, was sie ursprünglich abdecken sollten.

Sable IP hat wie viele andere Patent-Trolle auch nie Produkte hergestellt oder verkauft und beschäftigt keinen einzigen Menschen, der tatsächliche Technologie entwickelt. Das Unternehmen wurde 2020 als Briefkastenfirma zur Monetarisierung der Patente von Sable Networks gegründet. Sable Networks wiederum besteht seit 2006 und hat angeblich die Patente und anderen Vermögenswerte von Caspian Networks – einem Router-Anbieter, der den Betrieb eingestellt hat – erworben. Sable IP ist eine von vielen Briefkastenfirmen, die mit der Absicht gegründet wurden, auf dem Rechtsweg mit Patenten Geld zu verdienen.  

Cloudflare ist nicht der einzige Branchenakteur, der von Sable ins Visier genommen wurde. Die Firma hat eine ganze Reihe von Unternehmen verklagt, darunter Cisco, Fortinet, Check Point, SonicWall und Juniper Networks. In all diesen Fällen hat man sich letztlich außergerichtlich geeinigt. Cloudflare ist jedoch einen anderen Weg gegangen.

Für unseren Kampf gegen Sable haben wir unser bestehendes Projekt „Jengo“ genutzt, um per Crowdsourcing Einreichungen zum Stand der Technik für alle aktiven Patente von Sable anzufordern. Das umfasste auch solche, für die Cloudflare keine Patentverletzung vorgeworfen wurden. Dafür haben wir eine Belohnung in Höhe von insgesamt 100.000 US-Dollar ausgesetzt, die unter denjenigen aufgeteilt werden sollte, die robuste Belege zum Stand der Technik einreichen. Interessierte Leser werden sich sicher an die erste Runde unseres Projekts „Jengo“ erinnern, die dazu beigetragen hat, dem berüchtigten Patent-Troll Blackbird das Handwerk zu legen. Uns haben Dutzende von Einreichungen erreicht, seit wir diese auf Sable ausgerichtete Runde von Projekt „Jengo“ gestartet haben. Seit 2021 haben wir in diesem Rahmen insgesamt 70.000 US-Dollar Belohnung ausgezahlt. Die verbleibenden 30.000 US-Dollar werden gemäß den Regeln von Projekt „Jengo“ nach dem offiziellen Abschluss des Verfahrens an die Gewinner des endgültigen Preises verteilt.

Gestützt auf den Stand der Technik haben wir beim US-amerikanischen Patent- und Markenamt (U.S. Patent and Trademark Office – USPTO) Anträge auf Inter Partes Review (IPR) gestellt, um die Patente von Sable für ungültig erklären zu lassen. Es handelt sich um ein Verwaltungsverfahren, bei dem Schriftsätze beim USPTO eingereicht werden, damit ein Verwaltungsrichter für Patente feststellen kann, ob ein Patent überhaupt hätte erteilt werden sollen. Diese Herangehensweise ist zur Abwehr von Patent-Trollen häufig zielführend. Um nicht auf eine dieser Eingaben reagieren zu müssen und zu vermeiden, dass das Patent eventuell vollständig gelöscht wird, hat Sable im Mai 2022 freiwillig alle gegen Cloudflare geltend gemachten patentbezogenen Forderungen zurückgezogen. Im Januar 2023 ist es uns dann gelungen, die Teile eines zweiten Sable-Patents für ungültig erklären zu lassen, in Bezug auf die uns ein Verstoß vorgeworfen wurde.  

Trotz dieser Rückschläge war Sable nicht bereit, sich geschlagen zu geben. Bis Dezember 2023 hatten wir durch unsere Einreichungen beim USPTO und damit verbundene Anträge vor Gericht die Zahl von etwa 100 gegen uns gerichtete Forderungen, die sich auf vier Patente bezogen, auf fünf Ansprüche im Zusammenhang mit zwei Patenten reduziert. Vor Beginn der Hauptverhandlung wurde dann im Rahmen eines summarischen Verfahrens am 13. Dezember 2023 bezüglich eines dritten Sable-Patents zu unseren Gunsten entschieden. Bei einem solchen Verfahren kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass ein Argument so klar auf der Hand liegt, dass Geschworene diesem vernünftigerweise folgen müssten. Damit blieb nur noch ein einziger Anspruch in Bezug auf ein einziges Patent bestehen, und zwar Anspruch 25 des US-Patents Nr. 7.012.919.

Dank jahrelanger harter Arbeit ist es uns also gelungen, die von Sable eingereichte Klage von etwa 100 Ansprüchen bezüglich vier Patenten auf einen Anspruch in Bezug auf ein Patent zu reduzieren. Trotz dieses Erfolgs steuerten wir aber auf ein Gerichtsverfahren zu, dessen Ausgang sich nur schwer vorhersagen ließ. Unter anderem war offen, ob ein Schwurgericht uns nicht in hochgradig technischen Fragen zu einer Schadenersatzzahlung verurteilen würde.

Schwere Zeiten für Sable IP und Sable Networks

Uns stand nicht einfach nur ein Prozess bevor: Der Gerichtsstand war Waco, Texas, weil Sable dort die Klage eingereicht hatte. Dieser westliche Distrikt von Texas hat sich in den letzten Jahren zu einem beliebten Gerichtsstand für Patentklagen entwickelt, da er in dem Ruf steht, Patentinhaber-freundlich zu sein.

Die Argumentation, die Sable vor Gericht vorbringen wollte, war jedoch nicht überzeugend. In technischer Hinsicht stand Sable vor der schwierigen Aufgabe, den Nachweis zu erbringen, dass sich die jahrzehntealte Flow-basierte Hardware-Router-Technologie auf die moderne, softwaredefinierte Paket-für-Paket-Architektur von Cloudflare anwenden lässt. Die Firma unternahm einige hilflose Versuche, indem sie die für das Patent erforderlichen Linecards mit verschiedener von Cloudflare verwendeter Software und Hardware gleichsetzte und nahelegte, dass jeder über unser Netzwerk fließende Paketstrom als ein spezifischer Micro-Flow ausgelegt werden könnte, der im Mittelpunkt des betreffenden Patents steht.

Sieht man von den technischen Fragen einmal ab, war offenkundig, dass Sable auf Geld aus war. Das Unternehmen hatte die Rechte an den Patenten eines gescheiterten Hardwareunternehmens erworben und versuchte, damit so viel Geld wie möglich zu verdienen. Wenn ein Patent für jahrzehntealte Router-Hardware dafür herhalten musste, einen Anbieter von cloudbasierten Diensten zu verklagen, dann sei es drum. Dafür war jedes Mittel recht und es wurde auch vor Argumentationslücken und offensichtlich haltlosen Behauptungen nicht zurückgeschreckt.  

Als wir an der Reihe waren, legten wir den Geschworenen unsere Seite dar: Dass Cloudflare gegründet wurde, um alte, hardwarebasierte Lösungen durch neue, cloudbasierte und über ein globales Netzwerk bereitgestellte Lösungen zu ersetzen und so ein besseres Internet zu schaffen. Wir wiesen darauf hin, wie viel harte Arbeit in den Aufbau unseres Netzwerks und der darauf aufbauenden Dienste investiert wurde. Einer unserer herausragenden Ingenieure beschrieb, wie es ist, ein neues Produkt zu entwickeln, wenn man mit Teams aus Ingenieuren, Produktmanagern und anderen zusammenarbeitet, um als Erste ein aufregendes Produkt auf den Markt zu bringen.

Wir sind ausführlich auf das zwanzig Jahre alte Patent von Sable eingegangen und haben die vielen Gründe erläutert, aus denen es nichts von dem abdeckt, was Cloudflare tatsächlich tut. Das Patent verlangt unter anderem, dass verschiedene Schritte an einer Linecard durchgeführt werden. Doch die Edge-Server von Cloudflare, denen dies vorgeworfen wurde, enthalten keine einzige solche Linecard. Und während sich das Patent auf Flow-basiertes Routing konzentriert, haben wir unser System so konzipiert, dass es zum Schutz vor schädlichem Traffic eine paketweise Prüfung durchführt. Außerdem erläuterten wir, dass der gegen Cloudflare geltend gemachte Patentanspruch ungültig ist und niemals hätte gestellt werden dürfen, weil die Unbegründetheit aufgrund des Stands der Technik offenkundig war und zudem die erforderliche schriftliche Beschreibung fehlte. Tatsächlich deckt das betreffende Sable-Patent höchstens Technologien ab, die bereits von Erfindern von Nortel Networks und Lucent Technologies – den damals führenden Anbietern von Routing-Technologie – beschrieben worden waren.  

Während der Schlussplädoyers hat unser Anwalt eines klargestellt: Es geht in diesem Fall um mehr als nur um Sable oder Cloudflare. Das Patentsystem sollte Innovationen fördern und den Fortschritt in der Wissenschaft vorantreiben, aber Sable verfolgte genau das entgegengesetzte Ziel: Das Unternehmen reichte unbegründete Klagen ein, um viel Geld zu verdienen, und bremste dadurch den Fortschritt aus. Diese Verzerrung und dieser Missbrauch des Patentsystems müssen aufhören, und letztlich hatten nur die Geschworenen die Macht, diesen Praktiken Einhalt zu gebieten.

Zu unserer großen Genugtuung sind die Geschworenen unserer Argumentation gefolgt. Ihre Entscheidung hat auch nicht lange auf sich warten lassen. Keine zwei Stunden, nachdem sie den Gerichtssaal verlassen hatten und zur Beratung zusammengetreten waren, gelangten sie zu einem Urteil. Dieses sendete ein Signal, das weit über diesen einen Fall hinausging. Cloudflare hat keine Patentverletzung begangen und das Patent von Sable ist ungültig.

Was steht als Nächstes an?

Wir werden uns noch lange über dieses Urteil freuen, aber unsere Arbeit ist damit noch nicht getan. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, ein System wieder ins Lot zu bringen, das durch Trolle wie Sable verzerrt wird. Nach Abschluss des Falls freuen wir uns darauf, die endgültigen Auszeichnungen für Projekt „Jengo“ in diesem Blog bekannt zu geben. Außerdem beabsichtigen wir, Sie an weiteren Erkenntnisse teilhaben zulassen, die wir während des Rechtsstreits mit einem Patent-Troll gewonnen haben.

Vorerst möchten wir dem Richter und den Geschworenen unseren aufrichtigen Dank für die harte Arbeit aussprechen, die sie während des Prozesses geleistet haben. Dazu gehört die Würdigung der Beweise durch die Geschworenen und die Einarbeitung in die komplexen technischen Sachverhalte. Cloudflare ist den Geschworenen für die Zeit und die Mühe, die sie in der vergangenen Woche für die sorgfältige Abwägung aller Fakten aufgewandt haben, und für ihr Urteil zutiefst dankbar. Außerdem möchten wir nochmals den großartigen Anwälten von Charhon Callahan Robson & Garza PLLC und The Dacus Firm danken. Wir können diese Firmen nur wärmstens empfehlen, sollten Sie irgendwann einmal ein Problem mit Patent-Trollen haben.

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