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Überblick: Internetstörungen im Q1 2022

04.04.2022

9 min. Lesezeit
Internet disruptions overview, Q1 2022

Cloudflare ist in mehr als 250 Städten in über 100 Ländern tätig. Dabei arbeiten wir mit mehr als 10.000 Netzwerkanbietern zusammen, um Millionen von Kunden eine breite Palette von Dienstleistungen anbieten zu können. Die Größe unseres Netzwerks und unseres Kundenstamms verschafft uns eine einzigartige Perspektive auf die Widerstandsfähigkeit des Internets. Zudem ermöglicht sie es uns, die Auswirkungen von Störungen im Internet zu beobachten. In vielen Fällen lassen sich diese Unterbrechungen auf ein physisches Ereignis zurückführen. In anderen Fällen steckt eine absichtliche, staatlich angeordnete Abschaltung dahinter. In diesem Beitrag betrachten wir ausgewählte Internetstörungen, die von Cloudflare im ersten Quartal 2022 beobachtet wurden. Die Darstellungen werden durch Traffic-Graphen von Cloudflare Radar und anderen internen Cloudflare-Tools untermauert, gruppiert nach der jeweiligen Ursache.

Plattentektonik

Internetausfälle, die durch „Erdbewegungen“ verursacht werden, werden häufiger durch verirrte Tieflöffelbagger verursacht. Zwei Internetunterbrechungen im ersten Quartal wurden jedoch durch größere Erdbewegungen verursacht – einen Vulkanausbruch und ein Erdbeben.

Beeinträchtigt war zunächst die Konnektivität auf dem Inselstaat Tonga, als der Ausbruch des Vulkans Hunga Tonga–Hunga Ha'apai das Unterseekabel, das Tonga mit Fidschi verbindet, beschädigte. Dies führte zu einem 38-tägigen Ausfall des Internets. Nach dem Vulkanausbruch vom 14. Januar gab es nur minimalen Internet-Traffic (über Satellitendienste) aus Tonga. Am 22. Februar meldete Digicel, dass die Hauptinsel wieder an das Internet angeschlossen war, nachdem die ersten Reparaturen am Unterseekabel abgeschlossen waren. Die sofortige Rückkehr des Datenverkehrs ist in der Abbildung unten deutlich zu erkennen. Es wurde jedoch geschätzt, dass die Reparaturen am Inlandskabel, das die vorgelagerten Inseln verbindet, weitere sechs bis neun Monate dauern könnten.

Die zweite Störung, die durch ein Erdbeben der Stärke 7,3 vor der Küste Zentraljapans am 16. März verursacht wurde, war wesentlich kürzer und hatte deutlich geringere Auswirkungen. Das Erdbeben ereignete sich um 1436 UTC und verursachte Stromausfälle, die zu einem mehrstündigen Verlust der Internetverbindung in Städten wie Tokio führten. Dies kann der unteren Abbildung entnommen werden. Fast genau 11 Jahre zuvor hatte ein Erdbeben der Stärke 8,9 ebenfalls äußert geringe Auswirkungen auf die Internetkonnektivität in Japan, damals offenbar aufgrund von Schäden an Unterwasserkabelsystemen.

Schäden an der Infrastruktur

Die Ausfallsicherheit des Internets hängt natürlich in hohem Maße von der Ausfallsicherheit der zugrundeliegenden physischen Infrastruktur ab. Dazu gehören Rechenzentren, terrestrische Glasfaserkabel und Unterseekabel. Schäden an dieser Infrastruktur führen häufig zu einer Unterbrechung der Internetverbindung.

Am frühen Morgen des 5. Januar war Gambia vollständig vom globalen Internet abgeschnitten. Wie in der Abbildung unten zu sehen ist, dauerte der Vorfall über acht Stunden, zwischen 0117 and 0945 UTC. Laut einer Pressemitteilung von GAMTEL wurde der Datenverkehr nach dem Ausfall der primären Verbindung (Beschädigung des ACE Unterseekabels) auf zwei Backup-Verbindungen über den Senegal umgeleitet. Diese Ersatzverbindungen fielen jedoch ebenfalls aus, da sie an einem Ort zusammenliefen, der letztlich als Single Point of Failure identifiziert wurde.

Gegen 2130 UTC am 20. Januar brach der Internet-Traffic in den Jemen auf nahezu Null ein. Dies ist in der Abbildung unten dargestellt. Grund waren anhaltende Luftangriffe auf ein Telekommunikationsgebäude in Al-Hudaydah, in dem das Unterseekabel FALCON landet. Der Ausfall dauerte vier Tage und konnte schließlich gegen 2100 Uhr am 24. Januar behoben werden. Der Ausfall betraf vor allem YemenNet (Public Telecommunication Corporation), den staatlichen Telekommunikationsanbieter.

Am 1. März ereignete sich in Tasmanien ein 6,5-stündiger Internetausfall, nachdem zwei der drei Unterseekabel (Basslink, Bass Strait-1, Bass Strait-2), die es mit dem australischen Festland verbinden, gekappt wurden.

Einem veröffentlichten Bericht zufolge war eine der Unterbrechungen auf der viktorianischen Seite (Festland) und die andere auf der tasmanischen Seite, wobei beide Unterbrechungen durch „Dritte“ verursacht wurden.  In der folgenden Abbildung ist ein deutlicher Rückgang des Traffics zwischen 0130 und 0800 UTC zu erkennen.

Ein gemeldeter Brand im Rechenzentrum der Telecom Infrastructure Company (TIC) verursachte am 4. März eine vierstündige Internetunterbrechung im Iran. Die Telecom Infrastructure Company (TIC) ist der Monopolanbieter von Telekommunikationsinfrastruktur für alle öffentlichen und privaten Betreiber im Iran. Wie die folgende Abbildung zeigt, brach der Internet-Traffic in das Land um 0640 UTC um etwa 20 % ein und nahm gegen 1030 UTC wieder zu.

Am 15. März meldete ETECSA, das staatliche kubanische Telekommunikationsunternehmen, dass an diesem Morgen ein Glasfaserkabel auf einer öffentlichen Straße in der Hauptstadt durchtrennt worden war. Die folgenden Abbildungen zeigen, welche Auswirkungen dieser Durchtrennung des Glasfaserkabels auf den Internet-Traffic zu Kuba und ETECSA hatte. Sie begann kurz nach 1200 UTC und dauerte über sechs Stunden.

Man glaubte zwar zunächst, es handele sich um einen Stromausfall (leider sind diese in Venezuela sehr häufig); eine Internetstörung am 24. März in Venezuela war jedoch auf eine Unterbrechung der Glasfaserverbindung zurückzuführen. Der Internet-Traffic zu CANTV Kunden in mehreren venezolanischen Bundesstaaten brach zwischen 1140 und 1740 UTC erheblich ein, wie die folgende Abbildung zeigt. Zusätzlich zu dieser Unterbrechung meldete VE sin Filtro im ersten Quartal eine Reihe weiterer mehrstündiger, mehrere Bundesstaaten umfassender Internetstörungen in Venezuela.

Am 31. März brach der Internet-Traffic bei Telenor Pakistan zwischen 0600-0745 UTC um 60 % ein, wie in der Abbildung unten dargestellt. Laut Antworten, die Telenor Pakistan auf Hunderte von über Twitter eingereichten Kundenbeschwerden gab, war die Störung auf die Unterbrechung mehrerer Glasfaserkabel an verschiedenen Orten zurückzuführen. Kurz nach 1800 UTC teilte Telenor Pakistan per Tweet mit, dass die Dienste vollständig wiederhergestellt worden seien.

Ausfälle der Stromversorgung

Neben der physischen Infrastruktur setzt eine stabile Internetverbindung auch eine zuverlässige Stromversorgung voraus. Auf der Ebene des Providers kann ein Stromausfall wichtige Rechenzentren und Router außer Betrieb setzen und die Konnektivität für Kunden und andere angeschlossene Netzwerke beeinträchtigen. Stromausfälle bei Verbrauchern können Router und angeschlossene Geräte in Privathaushalten und Unternehmen außer Betrieb setzen. Dadurch sind die Nutzer gezwungen, auf die mobile Konnektivität zurückzugreifen, vorausgesetzt, diese ist/bleibt verfügbar.

Die zusammengeschalteten Stromnetze von Kasachstan, Usbekistan und Kirgisistan waren am 24. Januar von Ausfällen betroffen, nachdem die Nord-Süd-Stromleitung Kasachstans auf Grund von „Notfall-Ungleichgewichten“ unterbrochen wurde. Diese Stromausfälle führten zu mehrstündigen Internetstörungen in allen drei Ländern ab 0600 UTC, wie die folgenden Zahlen zeigen. Die Auswirkungen auf den Datenverkehr in Kasachstan schienen relativ gering zu sein, während der Datenverkehr in Usbekistan und Kirgisistan deutlich zurückging und es länger dauerte, bis er wiederhergestellt werden konnte.

Ein Stromausfall in mehreren Bezirken und Städten Taiwans, der gegen 0100 UTC am 3. März begann, verursachte eine kurze #Internetstörung. Die Abbildung unten zeigt einen anfänglichen Rückgang des Datenverkehrs, der jedoch in den folgenden Stunden weiter zurückging. Der Stromausfall wurde Berichten zufolge durch menschliche Fahrlässigkeit während der jährlichen Reparatur eines Generators im Hsinta-Kraftwerk verursacht.

Zusätzlich zu der oben beschriebenen Unterbrechung der Glasfaserverbindung erlitt das Internet von Kuba am 24. März eine zweite Unterbrechung. In einem Tweet von ETECSA hieß es, dass ein Stromausfall eine Unterbrechung des Sprachdienstes, der SMS und der mobilen Daten verursacht hatte. Eine Analyse des Internet-Traffics sowohl für Kuba und ETECSA zeigt, dass die Unterbrechung um 1230 UTC begann und etwa 90 Minuten dauerte. Dies ist auch in den folgenden Abbildungen ersichtlich.

DDoS-Angriff

Häufig zielen DDoS-Angriffe (Distributed Denial of Service) auf Web- oder Anwendungsserver ab, um eine bestimmte Website oder Anwendung lahm zu legen. Solche Angriffe, die auf die Netzwerkinfrastruktur abzielen, können jedoch weitreichendere Auswirkungen haben, da sie nicht nur den Zugriff auf Websites und Anwendungen, die in diesem Netzwerk gehostet werden, einschränken, sondern auch die Konnektivität der mit dem Netzwerk verbundenen Benutzer unterbrechen.

Ein solcher DDoS-Angriff richtete sich am 14. März gegen AS8867 (E-Gov - Tehila Project) in Israel. Die Abbildung unten zeigt, dass der Internet-Traffic zu diesem ASN kurz vor 1530 UTC zurückging. Ein veröffentlichter Bericht stellt fest, dass die Websites des Innen-, Gesundheits-, Justiz- und Wohlfahrtsministeriums sowie die des Büros des Premierministers infolge des Angriffs alle ausgefallen waren.

Nicht spezifizierte technische Ursachen

Wie bereits erwähnt, lassen sich die zugrunde liegenden technischen oder physischen Ursachen von Internet-Störungen oft leicht ermitteln. Dies wird meist durch soziale Medien oder andere Mitteilungen der betroffenen Netzbetreiber ermöglicht. Manchmal werden jedoch Störungen beobachtet, die mit einem realen (oft politischen) Ereignis ohne spezifizierte technische oder physische Ursache korreliert sind, während in anderen Fällen Störungen beobachtet werden, die nicht korreliert sind und denen keine Ursache zugeordnet werden kann.

In Kasachstan begann am 5. Januar eine Internetstörung im Zuge von Massenprotesten gegen plötzliche Erhöhungen der Energiepreise. Die Abbildung unten zeigt, dass der Datenverkehr am 11. Januar zu einem regelmäßigen Tagesverlauf zurückkehrte. Allerdings sind während der sechstägigen Unterbrechung auch mehrere scheinbare Wiederherstellungen der Konnektivität zu erkennen. Diese kurzen Perioden der Konnektivität schienen mit im Fernsehen übertragenen Reden oder Ankündigungen des kasachischen Präsidenten zusammenzufallen.

In Burkina Faso gab es am frühen Morgen des 23. Januar Berichte über schwere Schießereien im Zusammenhang mit einer Meuterei der Armee. In Cloudflare Radar wurde ab etwa 0915 UTC ein erheblicher Rückgang des Datenverkehrs aus dem Land verzeichnet, wobei Orange, FasoNet, und Telecel Faso alle ein geringeres Datenverkehrsaufkommen verzeichneten. Wie die Abbildung unten zeigt, dauerte die Störung fast anderthalb Tage an und erholte sich gegen 2000 UTC am 24. Januar.

Kurz nach 2200 UTC am 15. März kam es bei Jemen zu einer erheblichen, wenn auch kurzen Unterbrechung der Internetverbindung, die nur 30 Minuten dauerte. Wie die Zahlen unten zeigen, war die Unterbrechung in erster Linie auf ein Problem bei YemenNet zurückzuführen. In einem veröffentlichten Bericht wird behauptet, dass die Unterbrechung auf eine vorsätzliche Handlung der Houthi-Putschistenmiliz zurückzuführen war.

Russische Invasion in der Ukraine

Die russische Invasion in der Ukraine dauert nun schon über einen Monat an. In einigen Fällen war die Internetkonnektivität ein Kollateralschaden der kinetischen Militäraktion, während in anderen Fällen gezielte Angriffe auf Netzwerkanbieter und Stromausfälle die Konnektivität unterbrochen haben. Techniker von ukrainischen Dienstleistern haben ihr Leben riskiert, um das Land online zu halten, und waren dabei weitgehend erfolgreich. Traffic-Daten von Cloudflare Radar für die Ukraine zeigen, dass Ende März die Spitzenwerte des Datenverkehrs bei 85-90 % der Spitzenwerte vor der Invasion lagen. Ein früherer Blog-Beitrag enthält zusätzliche Details über die in der Ukraine in der ersten Woche nach Beginn des Konflikts beobachteten Muster des Internet-Traffics.

Nachfolgend finden Sie einige der wichtigsten Störungen, die im März bei den großen ukrainischen Netzbetreibern beobachtet wurden.

In der zweiten Märzwoche wurden bei Ukrtelecom zwei kurze Ausfälle beobachtet, die in der Abbildung unten dargestellt sind. Der erste, am 8. März, dauerte etwas mehr als zwei Stunden, während der zweite, am 10. März, etwa 40 Minuten andauerte. Es wurde keine Ursache für diese Unterbrechungen gemeldet.

Später im Monat, am 28. März, gab es bei Ukrtelecom einen ~15-stündigen Ausfall, der von 0800 UTC bis etwa 0100 am 29. März dauerte, wie in der Abbildung unten zu sehen ist. In einem Twitter-Beitrag des State Service of Special Communications and Information Protection of Ukraine wurde erklärt, dass der Ausfall durch einen „starken Cyberangriff“ auf die Infrastruktur von Ukrtelecom verursacht wurde und dass „Um die Netzwerkinfrastruktur zu erhalten und die Bereitstellung von Dienstleistungen für die ukrainischen Streitkräfte und andere militärische Formationen sowie für die Kunden fortzusetzen, hat Ukrtelecom die Bereitstellung seiner Dienste für die Mehrheit der privaten Nutzer und Geschäftskunden vorübergehend eingeschränkt.Ein LinkedIn-Beitrag von Ukrtelecom hebt auch die ununterbrochene Arbeit hervor, die das Unternehmen geleistet hat, um die Telekommunikationsdienste in den betroffenen Regionen des Landes wiederherzustellen.

Die Abbildung unten zeigt, dass es am 9. März gegen 2100 UTC bei dem ukrainischen Internetdienstleister Triolan zu einer erheblichen Unterbrechung kam. Berichten zufolge war dies auf einen Cyberangriff zurückzuführen. Nach etwa 10 Stunden begann der Datenverkehr allmählich wieder zu laufen.

Fazit

Trotz gelegentlicher Verbindungsunterbrechungen bleibt das Internet bemerkenswert zuverlässig. Diese Ausfallsicherheit wird immer wichtiger, da das Internet in immer mehr Bereichen des täglichen Lebens auf der ganzen Welt Einzug hält. Wir bieten nicht nur eine Suite von Lösungen an, die diese Ausfallsicherheit unterstützen, sondern nutzen auch die Daten, die diese Lösungen liefern, um die Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Sicherheit und Performance des Internets zu überwachen.

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David Belson|@dbelson
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