Das Cloudflare-Netzwerk erstreckt sich über mehr als 310 Städte in gut 120 Ländern und umfasst Verbindungen zu mehr als 13.000 Netzwerkanbietern, um Millionen von Kunden eine breite Palette von Diensten anzubieten. Die Größe unseres Netzwerks und unseres Kundenstamms verschafft uns eine einzigartige Perspektive hinsichtlich der Ausfallsicherheit des Internets und ermöglicht es uns, die Folgen von Störungen im Web zu beobachten. Dank der dieses Jahr eingeführten Cloudflare Radar-Funktion können wir die Auswirkungen aus Sicht des Routing sowie des Datenverkehrs sowohl auf Netzwerk- als auch auf Standortebene untersuchen.
Wie wir bereits in den vergangenen Jahren festgestellt haben, finden im zweiten Quartal landesweite Prüfungen in mehreren Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas statt, mit denen staatlich angeordnete Internetsperren einhergehen. Schäden an Land- oder Unterseekabeln haben in einer Reihe von Ländern Internetausfälle verursacht, wobei das ACE-Unterseekabel eine besondere Problemquelle darstellte. Wartungsarbeiten, Stromausfälle und technische Probleme sorgten ebenfalls für Beeinträchtigungen, hinzu kamen unbekannte Störfaktoren. Und wie wir in den mehr als zwei Jahren seit Beginn des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine häufig beobachten konnten, wird die ukrainische Internetkonnektivität durch russische Angriffe beeinträchtigt.
Wie wir bereits in der Vergangenheit angemerkt haben, soll dieser Beitrag einen zusammenfassenden Überblick über die beobachteten Störungen geben. Es handelt sich nicht um eine erschöpfende oder vollständige Auflistung der im Laufe des Quartals aufgetretenen Probleme.
Staatlich angeordnet
Government directed
Syrien, Algerien, Irak
Jedes Frühjahr weisen mehrere Staaten im Nahen Osten und Nordafrika lokale Telekommunikationsanbieter an, die Internetverbindungen im ganzen Land abzuschalten oder einzuschränken, um zu verhindern, dass Schüler bei landesweiten Zulassungsprüfungen für weiterführende Schulen und Hochschulen betrügen. Diese Ausfälle bzw. Störungen treten in der Regel über einen Zeitraum von mehreren Wochen einige Stunden am Tag auf. Wir haben schon in den Jahren 2023, 2022 und 2021 über solche Ereignisse unter anderem in Syrien, dem Sudan, Algerien und dem Irak berichtet.
Im Juni haben wir den Beitrag „Exam-ining recent Internet shutdowns in Syria, Iraq, and Algeria“ veröffentlicht, in dem die täglichen Internetabschaltungen im Irak und in Syrien sowie die zwei mehrstündigen täglichen Unterbrechungen in Algerien untersucht wurden. Letztere zielten anscheinend nicht auf eine vollständige landesweite Abschaltung, sondern auf die Sperrung bestimmter Inhalte ab. In dem Beitrag wurden die Auswirkungen dieser Abschaltungen auf den Internettraffic untersucht sowie Routing-Informationen und Datenverkehr von anderen Cloudflare-Diensten analysiert, um eine klarere Vorstellung von der Vorgehensweise bei diesen Abschaltungen zu erhalten.
Zusätzlich zu den in dem erwähnten Blog-Beitrag erörterten Sperrmaßnahmen hat der Irak am 23. Juni eine zweite Runde von Sperren eingeleitet, die mindestens bis zum 14. Juli angewandt wurden. Einige davon betrafen dieselben Netzwerke wie in der ersten Runde und manche bezogen sich auf Netzwerke in der autonomen Region Kurdistan im Norden.
Zu Letzteren gehören AS206206 (Kurdistan Net), AS59625 (Korek Telecom), AS48492 (IQ-Online) und AS21277 (Newroz Telecom), die alle am 23., 26. und 30. Juni sowie am 3., 7. und 10. Juli Abschaltungen zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr Ortszeit (05:00–07:00 Uhr MESZ) vorgenommen haben.
Außerhalb der autonomen Region Kurdistan schalteten Netzwerke wie AS59588 (Zainas), AS199739 (Earthlink), AS203214 (HulumTele), AS51684 (Asiacell) und AS58322 (Halasat) am 23., 24., 26., 27., 29. und 30. Juni sowie am 1. und 2. Juli das Internet zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr Ortszeit (05:00–7:00 Uhr MESZ) ab.
Beide oben beschriebenen Arten von Abschaltungen schienen dem gleichen Ansatz zu folgen wie während der ersten Runde, die in dem vorherigen Blog-Beitrag erörtert wurde.
Kenia, Burundi, Uganda, Ruanda, Tansania
In Kenia waren Proteste gegen Steuererhöhungen im Rahmen eines neuen Steuergesetzes geplant, weswegen Internetabschaltungen befürchtet wurden. Das veranlasste mehrere Unternehmen des Landes, in einer gemeinsamen Erklärung einen Appell an die Regierung zu richten, von
Internetabschaltungen oder Informationskontrollen abzusehen. Andernfalls seien „katastrophale wirtschaftliche Auswirkungen“ zu erwarten. Die Kommunikationsbehörde von Kenia veröffentlichte daraufhin eine Pressemitteilung, in der es heißt: „Wir möchten klarstellen, dass keine Absicht besteht, den Internettraffic zu unterbrechen oder die Verbindungsqualität zu beeinträchtigen. Ein solches Vorgehen wäre ein Verrat an der Verfassung im Allgemeinen, an der Meinungsfreiheit im Besonderen und an unserem eigenen Ethos.“
Als die Proteste am 25. Juni eskaliert sind, ist der Traffic in Kenia und 16:30 Uhr Ortszeit (15:30 Uhr MESZ) abgesackt. Zunächst wurde dieser Ausfall auf Probleme mit einem oder mehreren Unterseekabeln zurückgeführt, über die das Land an die internationalen Netze angeschlossen ist. Unterstützt wurde dies durch Äußerungen von Safaricom und Airtel auf Social Media.
Vergleichbare Einbrüche beim Internetdatenverkehr wurden in Burundi, Uganda, Ruanda und Tansania registriert (siehe unten). Probleme mit Unterseekabeln, die mit einem Land verbunden sind, können die Qualität der Internetverbindungen in anderen Ländern beeinträchtigen, wenn die vorgelagerte Internetkonnektivität von diesem Land/Kabel abhängt. Die beobachteten Unterbrechungen in diesen vier Ländern waren insofern nichts Ungewöhnliches. Zu diesem Thema hieß es in einem (später wieder gelöschten) Post von MTN-Uganda auf X: „Liebe Kunden, aufgrund eines Ausfalls unserer Internetanbindung über Kenia kommt es zu Beeinträchtigungen bei allen unseren Webdiensten. Unsere technischen Mitarbeitenden und Partner versuchen gemeinsam, das Problem so schnell wie möglich zu beheben. In der Zwischenzeit bitten wir unsere Kunden, für den Zugriff auf Mobile Money und andere App-basierte Dienste *165# zu verwenden. Vielen Dank.“
In Afrika wurde innerhalb der Internetinfrastruktur-Community jedoch die Erklärung infrage gestellt, dass ein beschädigtes Unterseekabel für den Ausfall verantwortlich ist. Kyle Spencer, Executive Director von Uganda Internet eXchange Point, postete auf X: „Mir wurde gesagt, dass die kenianische Regierung die Seekabel-Anlandestationen angewiesen hat, Stromkreise zu unterbrechen.“ Ben Roberts, Group CTIO von Liquid Intelligent Technologies (einem panafrikanischen Anbieter von Netzwerkinfrastruktur), schrieb in einem Post: „Diese Woche wurden keine Kabel beschädigt.“ Darüber hinaus werden Schäden an Unterseekabeln selten, wenn überhaupt, innerhalb weniger Stunden behoben, wie es hier der Fall war. Häufig nimmt dies Tage oder Wochen in Anspruch.
Am 26. Juni erklärte der CEO von Safaricom im Widerspruch zu vorherigen Behauptungen seines Unternehmens: „Dieser Ausfall wurde durch eine verringerte Bandbreite bei manchen Kabeln ausgelöst, über die Internettraffic läuft.“ Weder Airtel noch die Kommunikationsbehörde Kenias machten zusätzliche Angaben. Doch wie bereits erwähnt, glauben einige in der Branche, dass die Konnektivitätsstörungen in Kenia, Burundi, Uganda, Ruanda und Tansania von der kenianischen Regierung gesteuert wurden und nicht auf Beschädigungen von Unterseekabeln zurückzuführen sind.
Cable cuts
Kabelausfälle
Haiti
Am 28. April um 17:36 Uhr Ortszeit (23:36 Uhr MESZ) hat Digicel Haiti einen „wichtigen Hinweis“ auf X gepostet. Darin hieß es unter anderem: „Am 27. April 2024 haben wir mehrere Angriffe auf unsere internationale Glasfaserkabel-Infrastruktur im Gebiet Drouya auf der Nationalstraße Nr. 1 verzeichnet. Das Glasfaserkabel wurde durch Patronen beschädigt, nachdem es in der Gegend einige Tage lang zu bewaffneten Zusammenstößen gekommen war. Betroffen waren mehrere Dienste wie Internet (Daten), SMS, MonCash und Auslandsgespräche. Vorerst können wir der Bevölkerung mitteilen, dass alle Dienste zu 100 Prozent wiederhergestellt sind.“ Die folgende Grafik zeigt die Auswirkungen der Beschädigung des Glasfaserkabels, wobei AS27653 (Digicel Haiti) einen fast 24-stündigen Internetausfall erlebt hat: von etwa 17:30 Uhr Ortszeit (23:30 Uhr MESZ) am 27. April bis 16:00 Uhr Ortszeit (22:00 Uhr MESZ) am 28. April. Anschließend normalisierte sich das Traffic-Aufkommen schnell.
Am 3. Mai schrieb der Generaldirektor von Digicel Haiti in einem Post auf X: „Digicel informiert hiermit die Öffentlichkeit, dass heute Morgen um 2 Uhr zwei weitere Schäden an der internationalen Glasfaserinfrastruktur aufgetreten sind. Wir haben die Moncash- und SMS-Dienste sowie Glasfaserverbindungen wiederhergestellt. Unsere Mitarbeitenden sind bereits auf dem Weg, um die Folgen des Erdrutschs zu beheben, der anscheinend in der Gegend von Canaan aufgetreten ist.“ Die durch diesen Glasfaserschaden verursachte Störung dauerte etwa acht Stunden, denn sie erstreckte sich von 02:15 Uhr bis 10:30 Uhr Ortszeit (08:15–16:30 Uhr MESZ). Wie aus der folgenden Grafik ersichtlich ist, hat sie wohl nur geringfügige Auswirkungen auf den Traffic gehabt.
Kenia, Madagaskar, Malawi, Mosambik, Ruanda, Tansania, Uganda
Am Sonntag, den 12. Mai sorgten Probleme mit den Unterseekabeln EASSy und Seacom erneut für Konnektivitätsstörungen in Ostafrika. Betroffen waren mehrere Länder, die bereits Beeinträchtigungen durch eine Reihe von Kabelschäden knapp drei Monate zuvor verzeichnet hatten. Einblicke in diese früheren Kabelschäden und eine Einschätzung zu den ersten Auswirkungen des Kabelschadens im Mai haben wir in unserem Blog-Beitrag „East African Internet connectivity again impacted by submarine cable cuts“ geliefert.
In einigen der betroffenen Ländern ist das Traffic-Aufkommen kurz vor 11:00 Uhr Ortszeit (10:00 Uhr MESZ) gesunken. Die Auswirkungen waren in jedem Land unterschiedlich schwerwiegend. In Kenia, Uganda, Madagaskar und Mosambik ging der Datenverkehr zunächst um 10–25 Prozent zurück, während er in Ruanda, Malawi und Tansania um mindestens ein Drittel im Vergleich zur Vorwoche abnahm. Am sichtbarsten war der Effekt in Tansania, Madagaskar und Ruanda, wie die folgenden Diagramme zeigen. In der darauffolgenden Woche erreichte der Traffic zu verschiedenen Zeiten wieder das erwartete Niveau. In Kenia dauerte dies anderthalb Tage (bis zum 13. Mai) und in Ruanda eine Woche (bis zum 19. Mai).
Die Reparaturen an den EASSy- und Seacom-Kabeln wurden am 31. Mai abgeschlossen. Die Instandsetzungsmaßnahmen an den im Februar beschädigten Kabeln dauerten am 9. Juli noch an, weil sie sich im Kriegsgebiet befinden, was die Arbeiten erschwert hat.
Tschad
Die gemeldete Beschädigung eines Glasfaserkabels in Kamerun verursachte am 25. Mai Internetstörungen bei Kunden von Moov Africa TChad. Der dreistündige Ausfall erstreckte sich von 15:15 Uhr bis 18:15 Uhr Ortszeit (16:15–19:15 Uhr MESZ) und die Auswirkungen waren auch auf Länderebene spürbar. Das Routing war ebenfalls gestört, da die Zahl der von Moov Africa Tchad angekündigten IPv4 /24-Präfixe (256 IPv4-Adressen) während der Störung von acht auf drei sank.
Der Vorfall ähnelte einem am 10. Januar aufgetretenem Ereignis, bei dem der Traffic von Moov Africa Tchad und auf Landesebene „aufgrund einer Beschädigung des Glasfaserkabels, das aus Kamerun kommt und über das der Tschad Zugang zum Internet hat“ für mehr als zwölf Stunden unterbrochen wurde. Während dieses Zwischenfalls wurden auch aus Routing-Perspektive erhebliche Schwankungen beobachtet, da sich das Volumen des angekündigten IPv4-Adressraums auf Netzwerk- und Länderebene während der Unterbrechung häufig verändert hat. Wie wir bereits im letzten Quartal festgestellt haben, ist der Tschad als Binnenland auf terrestrische Internetverbindungen zu/durch Nachbarländer angewiesen. Die Karte mit den Kabeln von AfTerFibre verdeutlicht die Abhängigkeit des Tschad von begrenzten Kabelwegen durch Kamerun und den Sudan.
Gambia, Mauretanien, Senegal
Maintenance
Eine gemeldete „Netzwerkstörung“ bezüglich des Unterseekabels, das von der afrikanischen Küste nach Europa (Africa Coast to Europe – ACE) verläuft, hat am 5. Juni den Traffic in den Netzwerken von Gambia, Mauretanien und vom Senegal unterbrochen. AS25250 (Gamtel), AS29544 (Mauritel) und AS37649 (Free/Tigo) verzeichneten alle einen Rückgang des Traffics gegen 23:00 Ortszeit (1:00 Uhr MESZ am 6. Juni). Wie die folgenden Diagramme zeigen, dauerte der Ausfall fast elf Stunden, wobei sich der Datenverkehr erst um 10:00 Uhr Ortszeit am 6. Juni (12:00 Uhr MESZ) normalisierte. Bei Mauritel kam es zu einem fast vollständigen Ausfall, während Gamtel und Free/Tigo weniger stark betroffen waren – möglicherweise, weil sie in der Lage waren,Traffic auf Backup-Verbindungen zu verlagern.
Wartungsmaßnahmen
Guinea, Gambia, Sierra Leone, Liberia
Die oben beschriebene, durch einen Schaden am ACE-Unterseekabel verursachte unerwartete Netzwerkunterbrechung hat am 5. Juni in vielen Ländern, wie bereits festgestellt, Ausfälle verursacht. Doch zwei Monate zuvor hatte ein planmäßiger Ausfall aufgrund einer Wartung des Kabels die Internetanbindung mehrerer afrikanischer Länder ebenfalls gestört. In einer Mitteilung des Ministeriums für Post, Telekommunikation und digitale Wirtschaft von Guinea heißt es unter anderem: „ […] das ACE (Africa Coast to Europe)-Netzwerk wird am 8. April 2024 zwischen Mitternacht und 2:00 Uhr morgens in Guinea, im Senegal, in Gambia, Sierra Leone und Liberia planmäßig einen Ausfall erleben. Dieser wird sich insgesamt über etwa zwei Stunden erstrecken und sowohl den Internettraffic als auch Auslandstelefonate beeinträchtigen.“
Die folgenden Grafiken zeigen die Auswirkungen auf den Traffic in den aufgelisteten Ländern während des geplanten zweistündigen Reparaturfensters. Es hat jedoch den Anschein, als ob der Datenverkehr nach diesem Zeitraum nicht vollständig zu dem erwarteten Niveau zurückgekehrt ist. Warum er leicht rückläufig blieb, ist unklar. Darüber hinaus wurden im Senegal keine Auswirkungen auf den Traffic festgestellt, obwohl das Land in der Liste der betroffenen Staaten aufgeführt ist.
Power outage
Guinea
Abgerundet wurden Meldungen über das ACE-Unterwasserkabel durch planmäßige Wartungsarbeiten an dem Kabel durch GUILAB, die Berichten zufolge einen mehrstündigen Ausfall bei AS37461 (Orange Guinea) und auch auf Länderebene verursacht haben. Dieser dauerte von 12:15 Uhr bis 15:45 Uhr Ortszeit (14:15–17:45 Uhr MESZ). (GUILAB ist für die Verwaltung der Guinea zugewiesenen Kapazitäten auf dem ACE-Unterseekabel zuständig.) Die Wartungsarbeiten wurden von Orange Guinea in zwei X-Posts bekannt gegeben (1, 2). Diese Beiträge wurden allerdings später wieder gelöscht.
Stromausfall
Kenia
Am 2. Mai um 18:30 Uhr Ortszeit (17:30 Uhr MESZ) veröffentlichte Kenya Power eine „Mitteilung eines Stromausfalls“ auf X. Darin hieß es: „Um 17:40 Uhr (EAT) am heutigen Donnerstag, den 2. Mai 2024, ist es zu einer Systemstörung im Netzwerk gekommen. Diese hat in den meisten Teilen des Landes zu einer Unterbrechung der Stromversorgung geführt.“ Die folgende Grafik zeigt die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Internetverbindungen in dem Land, wobei der Datenverkehr zwischen 17:30 Uhr und 17:45 Uhr Ortszeit (16:30–16:45 Uhr MESZ) drastisch abgenommen hat. Der Rückgang des Traffics dauerte bis etwa 21:30 Uhr Ortszeit (20:30 Uhr MESZ). Zu diesem Zeitpunkt postete Kenya Power auf X eine Mitteilung, wonach die Stromversorgung in Teilen des Landes wiederhergestellt worden sei. Obwohl die in der Grafik zu sehende Spitze nach dem Stromausfall auf eine aufgestaute Nachfrage nach Online-Inhalten schließen lässt, zeigt eine längerfristigere Betrachtung des kenianischen Internettraffics, dass der Datenverkehr auch in den beiden vorangegangenen Tagen zur gleichen Zeit (22:00 Uhr Ortszeit, 21:00 Uhr MESZ) Spitzenwerte erreicht hatte.
Ecuador
Ein landesweiter Stromausfall in Ecuador am 19. Juni hatte Auswirkungen auf Krankenhäuser, Wohnhäuser und die U-Bahn. Er verursachte zudem erhebliche Internetstörungen. Das folgende Diagramm zeigt, dass der Internettraffic in Ecuador kurz nach 15:00 Uhr Ortszeit (22:00 Uhr MESZ) drastisch gesunken ist. In einem Post auf X von Roberto Luque hieß es: „Laut dem Bericht, den wir unmittelbar von CENACE erhalten haben, gibt es eine Störung in der Übertragungsleitung, die eine kaskadenartige Unterbrechung verursacht hat. Deshalb ist die Energieversorgung landesweit zusammengebrochen.“ In einem weiteren Post wurde auf fehlende Investitionen in die zugrundeliegenden Systeme hingewiesen und festgestellt, dass um 18:41 Uhr Ortszeit (1:41 Uhr MESZ am 20. Juni) „die Energieversorgung bereits zu 95 Prozent wiederhergestellt war“. Der Traffic erholte sich nach dem anfänglichen Einbruch recht schnell und erreichte zum angegebenen Zeitpunkt wieder das erwartete Niveau.
Albanien, Bosnien, Montenegro
Military action
Ein plötzlicher Anstieg des Stromverbrauchs, der auf eine erhöhte Nutzung aufgrund der hohen Temperaturen zurückzuführen war, und hitzebedingte Beeinträchtigungen elektrischer Systeme verursachten am 21. Juni einen großen Stromausfall in Albanien, Bosnien und Montenegro. Berichten zufolge hatte der Stromausfall seinen Ursprung in Montenegro, wo eine 400-Kilowatt-Übertragungsleitung explodiert ist. In der Regel sind Stromausfälle auf ein einzelnes Land oder eine einzelne Region beschränkt. Doch die Stromnetze der Balkanländer sind durch den transbalkanischen Stromkorridor miteinander verbunden.
In veröffentlichten Berichten (MSN, Reuters) wurde festgestellt, dass die Stromnetze zwischen 12:00 Uhr und 13:00 Uhr Ortszeit (12:00–13:00 Uhr MESZ) ausgefallen sind, die Versorger in den betroffenen Ländern nachmittags mit der Wiederherstellung der Stromversorgung begonnen und dies am Abend weitgehend abgeschlossen war. Die folgenden Diagramme zeigen, dass der Datenverkehr aus Albanien, Bosnien und Montenegro gegen 12:00 Uhr Ortszeit (12:00 Uhr MESZ) abnimmt und seinen Tiefpunkt in Albanien und Bosnien um 12:30 Uhr Ortszeit (12:30 Uhr MESZ) und um 13:00 Uhr in Montenegro erreicht hat. Im Zuge der Wiederherstellung der Stromversorgung erholte er sich dann allmählich, sodass um 17:30 Uhr Ortszeit (17:30 Uhr MESZ) wieder das erwartete Niveau verzeichnet wurde.
Berichten zufolge war auch Kroatien von dem Stromausfall betroffen. Doch für den Zeitraum, in dem die Verbindungen in den anderen Ländern unterbrochen waren, wurden keine landesweiten negativen Auswirkungen auf den Traffic verzeichnet.
Technical problems
Militäroperationen
Ukraine
Das Stromnetz der Ukraine ist in den mehr als zwei Jahren des Konflikts mit Russland häufig Ziel russischer Luftangriffe geworden. Wenn dadurch die Stromversorgung beeinträchtigt wird, fällt auch das Internet aus. Angriffe am 21. Mai verursachten Stromausfälle in vielen ukrainischen Gebieten. Am stärksten betroffen war Sumy, wo der Datenverkehr am 22. Mai um 00:00 Uhr Ortszeit (23:00 Uhr MESZ am 21. Mai) gegenüber der Vorwoche um beachtliche 82 Prozent einbrach. Wie die folgenden Diagramme zeigen, war der Datenverkehr in Kiew, Charkiw und Winnyzja für mehrere Stunden niedriger als in der Vorwoche. Etwa gegen 08:00 Uhr Ortszeit (07:00 Uhr MESZ) normalisierte er sich dann wieder.
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Technische Probleme
Malaysia
Wie wir bereits in früheren Quartalsbeiträgen berichtet haben, sind Internetausfälle und -störungen nicht immer auf Großereignisse wie Unwetter, Stromausfälle oder Kabelschäden zurückzuführen. Manchmal können auch einfachere technische Probleme Nutzern Schwierigkeiten bereiten, die versuchen, auf das Internet zuzugreifen. Ein Beispiel dafür ist der 15. April, als in Malaysia Kunden von Time Internet einen Netzausfall von fast zwei Stunden erlebten. Bezüglich der Ursache erklärte das Unternehmen in einem zerknirschten Post auf seiner Facebook-Seite unter anderem: „Dieser Internetausfall war mit Abstand der schlimmste in unserer Firmengeschichte und betraf etwa 40 Prozent unserer Kunden. […] Heute waren ab 17:38 Uhr sowohl unser primärer als auch unser sekundärer Secure DNS-Server nicht mehr erreichbar. Deshalb konnten die Browser oder Dienste, die eine Adressauflösung benötigten, die gewünschte Website nicht erreichen.“ Da die Abonnenten die DNS-Resolver von Time Internet nicht mehr erreichen konnten, war die Auflösung der Hostnamen von Internetdiensten, Websites und Anwendungen, darunter auch die von Cloudflare bereitgestellten, für sie nicht mehr möglich. Dies zog einen Einbruch des Traffics nach sich, wie in der folgenden Grafik dargestellt. Dieser setzte kurz nach 17:00 Uhr Ortszeit (07:00 Uhr MESZ) ein. Rund eine Stunde später kam es dann zu einer Erholung. Weitere Angaben zur Ursache des Ausfalls der DNS-Server machte die Firma nicht.
Unknown
Nepal
In Nepal nutze eine Reihe lokaler Internetdienstleister, darunter AS45650 (Vianet) und AS139922 (Dishhome), den indischen Provider Bharti Airtel für die vorgelagerte Anbindung an das restliche Internet. Ein veröffentlichter Bericht unterstreicht die Abhängigkeit: Die „nepalesischen ISP kaufen 70 Prozent ihres Internet von Airtel.“
Am 25. April haben diese ISP darauf hingewiesen, dass ihre Dienste gestört werden könnten, weil die Regierung Nepals ihnen nicht die erforderlichen Devisen zur Bezahlung von Bandbreitenanbietern wie Airtel bereitgestellt habe. Berichten zufolge waren sie allein diesem 30 Millionen US-Dollar schuldig. Am 1. Mai teilte Airtel den säumigen nepalesischen Providern mit, dass das Internet jederzeit unterbrochen werden könne, solange noch Zahlungen ausstünden. Einen Tag später ließ Airtel diesen Worten dann Taten folgen. Wie im nachstehenden Diagramm abgebildet, ist der Traffic von Vianet am 2. Mai um 16:15 Uhr Ortszeit (12:30 Uhr MESZ) fast auf Null gesunken und hat dann sechs Stunden später wieder das erwartete Niveau erreicht. Eine Stunde darauf, um 17:15 Uhr Ortszeit (13:30 Uhr MESZ), ging der Datenverkehr von Dischome deutlich zurück, wenn auch nicht so stark wie bei Vianet. Auch hier kam es etwa sechs Stunden später zu einer Erholung.
Dischome hat möglicherweise keinen annähernd vollständigen Ausfall wie den von Vianet erlebt, weil Bharti Airtel nur einer unter vier Upstream-Providern ist, der von der Muttergesellschaft genutzt werden. Dagegen greift Vianet neben Bharti Airtel nur noch auf einen anderen Upstream-Provider zurück.
Einen Monat später, am 3. Juni, kam es bei AS45650 (Vianet) und AS17501 (Worldlink) in Nepal zu Internetstörungen, die Berichten zufolge durch Routing-Probleme im Netz von Bharti Airtel verursacht wurden. Bei Worldlink brach der Datenverkehr zwischen 12:15 Uhr und 14:00 Uhr Ortszeit (08:30 und 10:15 MESZ) ein, bei Vianet zwischen 12:15 Uhr und 13:15 Uhr Ortszeit (08:30 und 09:30 MESZ).
Unbekannt
Die meisten Internetstörungen, die in dieser Blog-Beitragsreihe behandelt werden, haben eine bekannte Ursache – unabhängig davon, ob sie von den betroffenen Providern zugegeben/angegeben werden oder eng mit einem realen Ereignis (Unwetter, Stromausfall usw.) in Zusammenhang stehen. Manchmal werden Beeinträchtigungen von dem betroffenen Anbieter auch beobachtet und sogar öffentlich gemacht, jedoch ohne Angabe der zugrundeliegenden Ursachen.
Malaysia
Am 21. Mai hat die Firma CelcomDigi (AS10030) auf X gepostet, dass es zu einem Ausfall in ihrem Netz gekommen ist und sie das Problem so schnell wie möglich beheben wird. Nur zwölf Minuten später veröffentlichte sie jedoch einen zweiten Post, in dem es hieß, sie habe den Celcom-Internetdienst vollständig wiederhergestellt. Diese Beiträge wurden um 21:35 Uhr und 21:47 Uhr Ortszeit (15:35 Uhr und 15:47 Uhr MESZ) veröffentlicht. Wie das folgende Diagramm zeigt, war das Traffic-Aufkommen jedoch bereits über eine Stunde zuvor zu dem erwarteten Niveau zurückgekehrt, da die beobachtete Internetstörung im Netzwerk von Celcom von 18:00 Uhr bis 20:15 Uhr Ortszeit (10:00–12:15 Uhr MESZ) gedauert hat. (Hinweis: Die zweite Unterbrechung in der nachstehenden Grafik war auf ein internes Problem mit der Datenpipeline von Cloudflare zurückzuführen und nicht auf ein Problem mit dem Celcom-Netz.)
Starlink
Der Satelliten-Internetdienst von SpaceX, Starlink, ist insofern einzigartig, als er über einen internationalen Abonnentenstamm verfügt. Deshalb haben Ausfälle in diesem Netz weitreichendere Folgen als Probleme bei einem ISP, der nur ein einziges Land abdeckt. Am 29. Mai um 03:59 MESZ hat Starlink auf X einen aktuellen Netzwerkausfall gemeldet und erklärt, man arbeite aktiv an der Implementierung einer Lösung. 28 Minuten später postete das Unternehmen: „Das Netzwerkproblem wurde vollständig behoben.“ Dieser kurze Ausfall zeigt sich in der folgenden Grafik als leichter Rückgang des Traffics. Besonders interessant ist jedoch die Zunahme des Datenverkehrs zu Cloudflare vom Starlink-Netzwerk nach Ende der Störung. Der steile Anstieg und Fall der Traffic-Kurve nach Wiederherstellung des Diensts deutet darauf hin, dass dies möglicherweise mit einer automatischen Konnektivitätsprüfung zusammenhängt – und nicht mit einem etwaigen Nachholbedarf der Nutzer bezüglich Inhalten.
Tschad
Ein nahezu vollständiger Internetausfall wurde im Tschad am 5. Juni zwischen 08:15 Uhr und 12:00 Uhr Ortszeit (09:15–11:00 Uhr MESZ) registriert, wie die folgende Grafik zeigt. Auch das Routing war betroffen, da die Anzahl der von den Netzwerk-Providern des Landes angekündigten IPv4 /24-Adressblöcke (256 IPv4-Adressen) während der Störung um bis zu 75 Prozent sank.
In einer Nachrichtenmeldung zu dem Ausfall hieß es, dass nur Starlink-Abonnenten während des Vorfalls noch Zugang zum Internet hatten. Außerdem wurde darin berichtet, dass der Tschad seit 2016 immer wieder mit Internetausfällen konfrontiert ist – entweder wegen Problemen mit Glasfaserkabeln oder staatlich verordneten Abschaltungen aus Gründen der nationalen Sicherheit. Wodurch diese konkrete Störung letztendlich verursacht wurde, ist unklar.
Indien
Angesichts eines Kundenstamms von schätzungsweise gut 460 Millionen hat jede Internetstörung im Netz von Reliance Jio (AS55836) weitreichende Auswirkungen auf ganz Indien. Am 18. Juni sind bei Reliance Jio zwischen 13:15 Uhr und 17:15 Uhr Ortszeit (09:45–13:45 MESZ) zwei Störungen aufgetreten. Jede dauerte weniger als eine Stunde und senkte das Traffic-Aufkommen auf etwa die Hälfte des Niveaus, das zur gleichen Zeit in der Vorwoche verzeichnet worden war. Betroffen waren sowohl Mobilfunk- als auch Glasfaserverbindungen und Reliance Jio hat keine weiteren Erklärungen zur Ursache der Probleme abgegeben.
Fazit
In der heutigen Zeit sind wir immer stärker darauf angewiesen, dass das Internet zuverlässig funktioniert. Deshalb müssen wir uns bewusst machen, dass diese Konnektivität selbst auf einem komplexen Fundament aus miteinander verwobenen physischen, technischen und politischen Faktoren beruht. Ein Ausfall einer dieser Grundkomponenten, sei es aufgrund eines Kabelbruchs, Stromausfalls, einer Fehlkonfiguration oder staatlicher Maßnahmen, kann schwerwiegende Folgen haben und Millionen von Nutzern, möglicherweise in mehreren Ländern, vorübergehend vom Internet abschneiden. Ausfallsicherheit und Zuverlässigkeit der physischen und technischen Komponenten lassen sich durch Redundanz und Best Practices verbessern. Es zeigt sich aber, dass politische Faktoren wohl am schwierigsten zu bekämpfen sind. Organisationen wie AccessNow mobilisieren jedoch im Rahmen ihrer #KeepItOn-Kampagne Menschen, Gemeinden und Akteure der Zivilgesellschaft weltweit zur Bekämpfung staatlich veranlasster Internetsperren, die erhebliche finanzielle Folgen haben können.
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